Haushaltsrede 2021 der CDU-Fraktion

Die Corona-Krise bestimmt seit einem Jahr unser Leben in einem nie dagewesenen Ausmaß.Dieses Thema wird die Kommunalpolitik noch lange und weit über die gesundheitlichen Aspekte hinaus beschäftigen. Einzelhandel und Gastronomie, kulturelle und sonstige Veranstaltungen aller Art, vor allem aber unsere Schülerinnen und Schüler sind gebeutelt wie nie zuvor. Gleichwohl dürfen wir anerkennend feststellen, dass die Verwaltung alles in ihrer Macht Stehende getan hat, um die Schäden und Verwerfungen so klein wie möglich zu halten. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken!

Trotz der enormen wirtschaftlichen Probleme der genannten Branchen ist allerdings die Finanzlage der Stadt bislang wenig durch die Corona-Krise beeinträchtigt worden. So durfte sich der Kämmerer Mitte Dezember 2020 über eine Ausgleichszahlung des Landes von 5,45 Mio. Euro freuen. Dieser Betrag lag höher als die erwarteten Defizite aus sinkenden Gewerbesteuereinnahmen und Einkommenssteuerzuweisungen. Im Finanzausschuss am 23.02.2021 konnte die Kämmerei gar von steigenden Gewerbesteuervoranmeldungen berichten.

Die Pflicht der Stadt zur Saldierung der Corona-bedingten Mindereinnahmen und ihre Tilgung in einem Zeithorizont von 50 Jahren bürdet den nachfolgenden Generationen dauerhafte Lasten auf.

In Anerkennung der wirtschaftlichen Lage verzichtete der BM auch in diesem Jahr auf Steuererhöhungen. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Schulen

In der Schulentwicklung steht Telgte vor großen Herausforderungen. Der Handlungsbedarf sowohl bei den Grund- als auch den weiterführenden Schulen wird über alle Fraktionen hinweg gesehen. Es fehlen gleichermaßen Klassenräume, Fachräume, Differenzierungsräume  wie auch nachunterrichtliche Betreuungsmöglichkeiten. Die Dreizügigkeit der Don Bosco Schule ist gesetzt, aber die Kosten für die Baumaßnahme sehen wir mit Entsetzen. Ratsbeschlüsse zu Kostengrenzen werden aufgeweicht, mögliche Förderkulissen werden erst in Sitzungen zugerufen. Es soll ein ökologischer Prestigebau geschaffen werden. Es fehlen Maß und Mitte, der Blick auf die gesamte Schulentwicklung der Stadt ist nicht erkennbar. Und ein externer Projektsteuerer, wie von der CDU mehrfach gefordert, wird abgelehnt. Für diese Fehlentscheidung werden die zukünftigen Steuerzahler der Stadt teuer bezahlen.
Der politische Konsens, die Schulentwicklung vollständig kreditfinanziert durchzuführen, verschiebt die Lasten in Richtung Zukunft.

Eine Beitragsbefreiung für Geringverdiener bei OGS- und ÜMi- Betreuung fand eine Mehrheit im Finanzausschuss. Die CDU hält das nicht für sinnvoll, da es die Arbeit in diesen Betreuungsformen entwertet, für die Verwaltung im laufenden Jahr erhebliche Zusatzarbeit verursacht und im Hintergrund die Botschaft transportiert, dass Kinder aus Geringverdienerhaushalten besser in staatlicher Betreuung als zuhause aufgehoben sind.

Was tut die Stadt, um neben den Schulgebäuden ihre vielen anderen Gebäude in Stand zu halten? Aus Sicht der CDU-Fraktion eindeutig zu wenig. Ein Antrag unserer Fraktion zur Ermittlung eines Überblickes über vorhandene Defizite und Reparaturbedarfe wurde wie eine heiße Kartoffel hin und hergereicht und schlussendlich in den Bau- und Planungsausschuss hin abgewimmelt. Reparatur des Rathauses, Kornbrennereimuseum, Knickenberghaus  dienen als Negativbeispiele für „unterlassene Hilfeleistung“.  Transparenz den Bürgern und Mandatsträgern gegenüber ist hier nicht gewünscht. Es reichte nicht einmal für einen geringfügigen Ansatz zur Instandhaltung von Pollern, Bänken, Begrenzungen und anderen Einrichtungen des Telgter „Stadtmobiliars“. 

Den Masterplan Innenstadt begrüßen und unterstützen wir ausdrücklich. Er ist notwendiger denn Je. Wie wird der Einzelhandel und die Gastronomie nach der Corona-Pandemie aussehen? Die Stadt muss alles in ihrer Macht stehende tun, um  Folgeschäden zu beheben. Dazu bietet dieses Format eine gute Plattform.

Die Schaffung von Parkflächen hinter dem Rathaus, haushaltsneutral aus Mitteln der Stellplatzablöse zu finanzieren, wäre ein gutes Signal gewesen und hätte für den Einzelhandel wie auch für Wohnnutzung im Altstadtbereich hilfreich sein können. Dieser CDU-Antrag fand keine Mehrheit. Die schwammigen Hinweise des Bürgermeisters auf Finanzierung von „alternativen Verkehrskonzepten“ aus diesen Ablösebeiträgen reichte Grün-Rot für eine Ablehnung unseres Antrages.

Im Schneckentempo geht die Entwicklung von Wohnbaugebieten voran. Das Gebiet „Lütke Esch in Westbevern mit sage und schreibe 6 städtischen Baugrundstücken dürfte im Herbst 2021 Baureife erlangen.

Für Telgte Süd werden wir heute den Satzungsbeschluss fassen. Das ist ein wichtiger, längst überfälliger Schritt für dringend notwendigen Wohnungsbau in unserer Stadt.   Dem Bedarf laufen wir seit langem hinterher.                 

Die Tangentenstraße in Verbindung mit dem BÜ bei Kräge stellt ein wichtiges Straßenbauprojekt dar und wird eine Verkehrsentlastung für den Stadtbereich bringen. Diese Entwicklung begrüßen wir.

Aber es stehen im Zusammenhang mit Telgte Süd viele offene Fragen im Raum:                     ein belastbarer Business-und Projektplan liegt bislang nicht vor, damit bleiben die Auswirkungen auf den städtischen Haushalt weiter unklar.Die Zusammenarbeit mit NRW

Urban hat nicht die Erwartungen erfüllt. Die Frage der Erschließungskosten Abwasser sind in der Schwebe. Aus Sicht der CDU müssen sie zwingend in die Gesamtkosten der Erschließung eingerechnet werden.

Der Grunderwerb konnte bislang nicht im Interesse der Stadt abgeschlossen werden und damit ist auch die Anwendung der wohnungsbaupolitischen Leitlinien der Stadt bei beträchtlichen Teilen von Telgte Süd ungewiss.                                                                         

Fazit: viele Hausaufgaben sind noch nicht erledigt und vom Anspruch auf Schaffung bezahlbaren Wohnraumes entfernen wir uns immer mehr. Auch vor dem Hintergrund absoluter Ökologisierung des Bauens gerät dieser Anspruch immer mehr zur puren Heuchelei.

Digitalisierung

Die Corona-Krise zeigt uns Mängel und Defizite in der Digitalisierung besonders deutlich auf. Homeoffice in der Verwaltung nur unter großen Mühen, Ausrüstung der Schulen auf dem Weg, aber zu langsam, ein digitales Bürgerbüro steht noch am Anfang. Am Geld liegt es nicht, denn aus diversen Fördertöpfen sprudelt es. Für die Einstellung von 50.000 € „Spielgeld für den neuen Digitalisierungsausschuss“ fehlt uns allerdings das Verständnis, es konnte nicht einmal ansatzweise ein konkreter Verwendungszweck durch FDP und Grüne benannt werden. Planlose Ausgaben  führen sicher nicht zum Ziel.

Vor einem Jahr hat Telgte  mit großer Geste den Klimanotstand ausgerufen. Was ist seither daraus geworden? Die Klimarelevanz aller Projekte und Maßnahmen sollte untersucht und dargestellt werden. Das erledigt die Verwaltung seither – mit einem Textbaustein, der sich uniform durch alle Verwaltungsvorlagen zieht und der für den Rat und die Öffentlichkeit einen Informationsgewinn von null komm null bietet. Das ist ein Witz!

Obwohl es politischer Konsens im Rat ist, die Windkraftnutzung auf einzelnen geeigneten Standorten zu entwickeln, hat es die Verwaltung bislang nicht geschafft, hierzu ein rechtsicheres Verfahren aufzuzeigen. Das ist in Anbetracht dessen, dass wir einen grünen Bürgermeister haben - sagen wir - bemerkenswert!!

Eine Anfrage der CDU zur PV-Nutzung städtischer Dachflächen ergab keine verwertbaren Antworten, keine Zahlen, Daten und Fakten, sondern demonstrierte in jedem Abschnitt der Antwort den Unwillen der Verwaltung, sich mit diesem Thema konstruktiv und lösungsorientiert zu beschäftigen. Telgte setzt lieber auf Klein-Klein und große Symbolik: Buswartehäuschen sollen begrünt und mit PV-Anlagen ausgestattet werden, mit 20.000 € soll Starkregen bekämpft werden und Zuschüsse zu Lastenrädern soll es geben. Dazu noch 30.000 € als Manövriermasse für den neuen Klimaausschuss. Fazit auch hier: Telgte verliert sich in Nebenkriegsschauplätzen und lässt die wirklich wichtigen Baustellen unbearbeitet.

Die Beratungen zum Stellenplan der Verwaltung gerieten regelrecht zu einer Haushaltslotterie. Die Klage des Bauamtsleiters in der Sitzung über ein Zuviel an Arbeit war Grund genug für die Sozialdemokraten, aus dem Stand eine neue Stelle im Bauamt für Jahreskosten von 80.000 € zu fordern und gemeinsam mit den Grünen und der Fraktionsvorsitzenden der FDP auch eine Mehrheit zu finden. Die mahnenden Worte des Kämmerers zur Zurückhaltung verhallten ungehört. Dem sichtlich überraschten Bürgermeister blieb nichts anderes übrig als treuherzig zu versichern das es sicher eine sinnvolle Beschäftigung für eine weitere Stelle im Bauamt geben werde. Damit war die Sache geritzt.  In Verbindung mit einer weiteren neuen halben Stelle für „Netzwerkkoordination und Ehrenamtsförderung“, die ebenfalls mit den Stimmen von Grün-Rot beschlossen wurde, ist diese Aufweitung des Stellenplanes aus Sicht der CDU-Fraktion völlig inakzeptabel.

Der Haushalt 2021 erscheint uns verantwortungslos und willkürlich - und das liegt ausdrücklich nicht an der Kämmerei. Er verschiebt Lasten auf die Zukunft, erschöpft sich in Symbolpolitik und setzt falsche Schwerpunkte.

Die CDU-Fraktion lehnt den Haushalt des Jahres 2021 ab.